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Barotraumen
Barotraumen, genauer eigentlich Barotraumata, sind Erkrankungen bzw. Verletzungen, die durch Druckunterschiede zwischen Geweben oder Organen
untereinander und/oder dem Außenraum zustande kommen.
Barotraumen des Mittelohrs
Das Mittelohr ist luftgefüllt, es befinden sich darin drei Gehörknöchelchen: der Hammer, der Amboß und der Steigbügel. Über die Eustachische Röhre ist
es mit dem Nasenrachenraum verbunden. Zum Außenohr wird es durch das Trommelfell, zum Innenohr durch das runde und ovale Fenster begrenzt.
Vor dem Abtauchen herrscht im Mittelohr der Oberflächendruck von 1 bar. Während mit zunehmender Tiefe im übrigen Körper - vor allem in der Lunge
und dem Nasenrachenraum - über den Lungenautomaten der jeweilige Umgebungsdruck herrscht, bleibt der Druck im Mittelohr auf dem Niveau des
Oberflächendrucks. Es ist daher bereits nach 2 - 3 m Wassertiefe ein Druckausgleich über die Eustachische Röhre herbeizuführen.. Sollte ein
Druckausgleich, z.B. wegen einer Erkältung oder gar anlagebedingter Verklebungen oder Schwellungen im Bereich der Eustachischen Röhre, nicht
möglich sein, ist der Tauchgang abzubrechen. Auf keinem Fall dürfen abschwellende Mittel verwendet werden. Die Wirkung dieser Mittel läßt
möglicherweise ein problemloses Abtauchen zu, da aber ihre Wirkung mit der Zeit nachläßt, kann es beim Auftauchen zu schwerwiegenden Problemen
kommen.
Ohne diesen alle paar Meter durchzuführenden Druckausgleich kann es zu den folgenden Symptomen bzw. Schäden kommen.
starker Schmerz
stechender Schmerz, der nach dem Reißen des Trommelfells plötzlich nachläßt
Hörschäden
Blutungen aus dem Ohr
Mittelohrentzündungen
Drehschwindel
Übelkeit, Erbrechen
Orientierungsverlust
im Extremfall - beim sogenannten Labyrinthschock - Bewusstlosigkeit
Vorbeugung
Bereits an der Oberfläche vor jedem Tauchgang durch Pressen gegen die zugehaltene Nase die Durchgängigkeit der Eustachischen Röhre testen. Keine
Tauchgänge bei Schleimhautschwellungen im HNO-Bereich, z.B. bei Erkältungskrankheiten, durchführen Keine schleimhautabschwellenden Mittel
nehmen. Auf keinen Fall, trotz - auch leichter - Ohrenschmerzen tiefer tauchen. Sollten auch wiederholte Versuche zu keinem Druckausgleich führen, den
Tauchgang abbrechen
Barotrauma des Innenohrs
Das Innenohr besteht aus einem mit Flüssigkeit gefüllten Leitungssystem, das aus den drei Ebenen bestehenden Bogengängen des Gleichgewichtsorgans
sowie die Gehörschnecke mit ihren empfindlichen Haarzellen und Nerven besteht. Eine Schädigung des Innenohrs hat daher besonders schwere Folgen
für Gleichgewicht und Hörvermögen.
Obwohl sich im Innenohr keine Luft befindet, kann es über eine starke Druckwelle, z.B. beim Platzen des Trommelfells, über das ovale oder runde
Fenster, den Verbindungen zum Mittelohr, zu Schädigungen verschiedener Stärke kommen, bis hin zum Auslaufen der Innenohrflüssigkeit.
Die folgenden Symptome bzw. Schäden können auftreten:
Schwindel, Drehschwindel, Kopfschmerzen
Brechreiz, Übelkeit
Ohrgeräusche, Tinnitus
Blutungen
Hörverlust bis hin zur Taubheit
Orientierungsverlust
Vorbeugung
Beim Auftreten der oben genannten Symptome sofortiger Abbruch des Tauchgangs. Häufiger Druckausgleich des Mittelohrs beim Tauchen. Den
Druckausgleich nicht zu heftig oder gar "gewaltsam" herbeiführen.
Barotraumen der Nasennebenhöhlen
In den Nasennebenhöhlen, also der Stirnhöhle, den Kieferhöhlen, den Siebbeinzellen oder der Keilbeinhöhle befindet sich Luft, die über Öffnungen mit
dem Nasenrachenraum in Verbindung stehen. Ein Druckausgleich findet daher entweder von selbst oder beim Druckausgleich für das Mittelohr statt. Bei
entzündlichen Prozessen, wie Erkältungskrankheiten, können die meist relativ kurzen und dicken Verbindungswege durch eine Schwellung der
Schleimhäute schlecht durchlässig oder fast völlig undurchlässig werden. Auch gutartige Tumoren, wie Polypen, können einen Druckausgleich verhindern
bzw. erschweren. In diesen Fällen ist von einem Tauchgang abzusehen.
Es sei erwähnt, daß die Stirnhöhle etwa 3 bis 4 mal so häufig von Barotraumen befallen wird wie z.B. die Kieferhöhlen. Meist treten die
Druckausgleichprobleme nach dem Auftauchen auf, so daß es für den Taucher keine Möglichkeit einer direkten Verhinderung, wie z.B. einen Abbruch des
Tauchgangs, gibt. Die Schmerzen können besonders im Bereich der Stirnhöhle ganz erheblich sein. Sie klingen aber meist nach einigen Stunden wieder ab
ohne irgendwelche Folgeschäden zu hinterlassen. Abschwellende Medikamente, eventuell auch Schmerzmittel, können als Therapie nach dem Tauchgang
- nicht vorher - empfohlen werden. Bei Häufung der Beschwerden oder bei zu langer Schmerzdauer ist ein Facharzt aufzusuchen.
Barotraumen der Zähne
Es gibt kaum einen erwachsenen Mensch, der nicht über eine oder mehrere Zahnfüllungen verfügt. Unterhalb derartiger Füllungen kann es schlecht
belüftete Hohlräume geben. Auf diese Weise kann der Zahn - vor allem in größeren Tiefen - implodieren. Aber auch beim Auftauchen kann der
Druckausgleich möglicherweise nicht schnell genug erfolgen und der Zahn oder Teile werden regelrecht herausgesprengt. Auch in entzündlichen Teilen
der Mundschleimhaut kann es zu luftgefüllten Hohlräumen kommen in denen es nur langsam zu einem Druckausgleich kommt. Die Folge können heftige
Zahn- oder Kieferschmerzen sein. Beim Auftreten derartiger Beschwerden ist ein Zahnarzt aufzusuchen.
Barotrauma des Magens
Im Magen befinden sich Gase, die auf einen äußeren Druckanstieg bzw. Druckabfall entsprechend reagieren. Da die Magenwand außerordentlich elastisch
ist, sind Magenwandverletzungen oder gar Risse unwahrscheinlich und selten. Wichtig ist, daß bei Spannungs- oder gar Schmerzgefühl im Magenbereich
solange mit dem weiteren Aufstieg gewartet werden sollte, bis die Gase auf natürlichem Weg entwichen sind. Bei stärkeren Blähungen kann es zu
Herzbeklemmungen bis hin zu Herzrhythmusstörungen kommen, da der Magen auf das über dem Zwerchfell liegende Herz drücken kann. Bei zu starken
Beschwerden reicht ein Abtauchen in etwas größere Tiefe; danach wieder langsam auftauchen.
Barotrauma des Darms
Aufgrund der Verdauung im Darm - bestehend aus dem etwa 4 bis 5 m langen Dünndarm, dem rund 1,5 m langen Dickdarm sowie dem ca. 20 cm langen
Mastdarm (Rektum) - befindet sich im Dickdarm ständig Gas, vor allem Schwefelwasserstoff (H2S). Eine erhöhte Darmgasbildung ist bereits ohne
Tauchen unangenehm und kann zu kolikartigen Blähbeschwerden führen. Das kann sich beim Tauchen noch verstärken. Blähungen, die beim Auftauchen
entstehen oder sich verstärken, sollten auf natürlichem Wege "abgegeben" werden. Diese Beschwerden verschwinden ohne Nachwirkungen mit
Verschwinden der Blähungen. Außer diesen Blähungsschmerzen sind allerdings bisher keine weiteren Schäden beobachtet worden. Eventuell nochmals
etwas tiefer tauchen und anschließend sehr langsam auftauchen.
Barotraumen der Augen
Würde man beim Tauchen nur eine Schwimmbrille über den Augen tragen, könnte man unter Wasser scharf sehen. Aber in dem Luftvolumen zwischen
den Brillengläsern und dem Auge entstünde ein Unterdruck, der z.B. in 30 m Tiefe bereits 3 bar betragen würde. Es würde zu Blutungen im Augenbereich
kommen, außerdem kann der Augapfel aus der Augenhöhle treten und den Sehnerv schädigen.
Aus diesem Grund muß eine Taucherbrille die Nase mit einbeziehen, so daß über die Nase ein stetiger Druckausgleich zwischen dem Innenraum der Brille
und dem Ungebungsdruck = Lungendruck erfolgen kann. Bei nicht einwandfreiem Druckausgleich kann es trotz Verwendung der Taucherbrille zu
Augenblutungen kommen. Derartige Schädigungen heilen jedoch in der Regel ohne Folgeschäden wieder ab. Augenprothesen, die innen hohl sind, wie
z.B. Glasaugen, dürfen beim Tauchen auf keinen Fall verwendet werden. Falls möglich, sollte eine Augenprothese vor dem Tauchen herausgenommen
werden.